Weniger im Volk, sondern vor allem unter den Bessergestellten zog die französische Vorherrschaft viel Feindschaft auf sich, bedrohte sie doch zweifellos deren Status. Von den Fürsten aber konnte man keine Befreiung erwarten, da sie sich großenteils Napoléon gegenüber hörig zeigten. Blieb noch die deutsche Nation, auf die man sich berufen konnte, obwohl gar nicht klar war, was diese im sprachlich und politisch zerstückelten Mitteleuropa eigentlich umfassen könnte.
Völlig anders erlebten die Herrschaft der Franzosen andere Bevölkerungsgruppen, nämlich solche, die nicht Ehre und Privilegien bedroht sahen, sondern von der Gleichberechtigung durch den Code civil profitierten. Das betraf etwa die Juden, denen damit plötzlich die gleichen beruflichen Wege offenstanden wie den Christen. Die jahrhundertelange Diskrimierung schien vorüber. Ein Jude, der die neuen Möglichkeiten nutzte, war Heinrich Marx. Aus einer Rabbinerfamilie stammend, hatte er 1814 im linksrheinischen Trier und damit zu jener Zeit auf französischem Staatsgebiet eine Tätigkeit als Anwalt aufgenommen. Doch schon im Jahr darauf geriet die Stadt nach der Niederlage Napoléons unter preußische Herrschaft und dem Juden wurde die Fortsetzung seiner Berufsausübung nur zugestanden, wenn er sich zum christlichen Glauben bekennen würde. Kurz nachdem er von der neuen religiösen Gleichberechtigung der französischen Gesetze gekostet hatte, bekam er also schon wieder die rückständige Intoleranz Preußens zu spüren. Weiterlesen